1996 versuchte ich mich im Schießsport für Blinde und Sehbehinderte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich immer die Einstellung, ich mag nicht mit einer Waffe in der Hand bewusst auf etwas zielen. Nun war für mich der Zeitpunkt gekommen, mich gegen diese innere Einstellung auf zu lehnen und es eben mal doch zu probieren. Es dauerte nicht lange bis ich meine festgefahrene innere Einstellung änderte.
In der Sportvereinigung Finanz hatte man lange vor meiner Zeit zwei Schießstände "blindengerecht" adaptiert. An der Wand wurden schwarze Tafeln angebracht. Die Zielscheiben beleuchtete man mit einem Halogen-Punktstrahler. Vor die herkömmliche Zielscheibe wird eine individuelle Schablone vorgesteckt. Für unseren Sport wurde eigens von der Firma Swarovski eine Zieloptik entwickelt. Optisch unterscheidet sie sich nicht von den herkömmlichen Zieleinrichtungen. Sieht man allerdings genauer hin, so kann man absolut nicht durchsehen. Bei unserer Spezialvorrichtung wird das stark reflektierende Licht auf der Zielschablone in Ton umgewandelt, dieser mittels Kopfhörer übertragen. Der höchste Ton ist für uns ein 10er. Nun ist gefragt diesen Ton zu halten und ganz ruhig den Abzug zu betätigen.
Ich durfte am Schießstand der Sportvereinigung Finanz im 3. Bezirk mit der Wiener Blindengruppe trainieren. Der damalige Trainer Otmar Fellner betreute mich wie selbstverständlich mit. Er machte da keinen Unterschied zwischen diversen Vereinen. Nach vielen Jahren seiner Trainertätigkeit bei den Blinden, legte Otmar diese Funktion aus persönlichen Gründen zurück. Jetzt standen wir ohne Betreuung da. Leider konnten wir unter diesen Voraussetzungen auch nicht mehr in unserem gewohnten und uns liebgewordenen Schießstand der Finanz trainieren. All unsere Bemühungen doch bleiben zu dürfen wurden durch diverse Argumente abgelehnt.
Genau in dieser schwierigen Situation kam mir das Bundesblindenerziehungsinstitut als "rettender Engel" in mein sportliches Leben. Ich darf nun seit 2001 nach Lust und Laune im Keller des Institutes trainieren. Somit hat sich eine neue Tür für mich aufgetan. Ich nutze diese Möglichkeit je nach Trainingsbedarf.
Irgendwie fand ich Freude an dieser neuen Sportart. Bereits in der folgenden Skisaison merkte ich eine Veränderung an mir. Ich war innerlich viel ruhiger geworden. Bis zur letzten Skisaison konnte ich an mir beobachten, wenn ich bei einem Skirennem im Start stand zitterten meine Knie so heftig, dass ich gelegentlich meinte meine Füße würden aus den Skischuhen springen. Von nun an konnte ich mich konzentrieren und war total ruhig.
Ich trainierte nun regelmäßig im Bewerb "stehend aufgelegt" und stieg nach knapp 2 Jahren auf den Bewerb "stehend frei" um. In dieser Disziplin lag für mich eine Herausforderung. Ich ging bei nationlen und internationalen Wettkämpfen und Freundschaftsveranstaltungen an den Start.
1990 ließ ich mich überreden, mir doch einmal den Alpin Skisport für Blinde und Sehbehinderte anzuschauen. Ich konnte bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht skifahren. Also startete ich einen ersten Versuch! Ich kannte noch keine Angst und keinen Respekt vor Geschwindigkeit. Kannte die Funktion meiner Stahlkannten auf den Skiern nicht.
Aktualisiert am 30.03.2014