Erneut kam die Zeit, des Lernens. Ich war so schwach, dass ich wieder das Laufen erlernen musste. Mir fehlte einfach jede Orientierung. Es dauerte einige Zeit, bis ich das KH endlich verlassen und wieder bei meinen Geschwistern sein durfte. Bei meiner Krankheit handelt es sich nachweislich um ein "Morbus Lyell Syndrom" - "Medikamentenvergiftung" oder "Medikamentenallergie“! Durch diese schwere Erkrankung verlor ich nicht nur mein Augenlicht, nein, auch die Finger- und Zehennägel, den Speichel und meine Tränenflüssigkeit.
Man durfte mich lange Zeit nur mit Baumwollhandschuhen berühren, da meine neue Haut sehr empfindlich war. Ich musste sehr oft in die Badewanne mit ölhältigen Zusätzen, damit die Haut nicht so austrocknete. Ich kapierte recht schnell, dass ich von nun an auch nichts mehr - ohne das etwas zu Trinken in Reichweite stand - in den Mund schieben durfte. Der Bissen wäre mir in der Speiseröhre steckengeblieben. Ich war auch sehr empfindlich auf scharfes oder saures Essen.
Da sich auch die Fingernägel samt dem Nagelbett gelöst hatten, war ich auf meinen Fingerspitzen äußerst empfindlich. Ich musste wieder das Aufheben von kleinen Gegenständen herausfinden. Es dauerte lange Zeit bis sich die Fingernagelhornhaut etwas härtete. (Kleiner Vorteil so am Rand: ich muss mir meine Nägel nicht lackieren ;-)!)
Gegen die trockenen Augen musste mich Mama mit Augensalbe behandeln. Leider stellten sich auch bald große Probleme mit meinen Augenwimpern ein. Sie wuchsen seit der Krankheit nach innen und kratzten mir die empfindliche Hornhaut auf. Meine Eltern fuhren 2 - 3x wöchentlich mit mir ins Krankenhaus nach Wien. Mehrmals wurde eine Kryo-Behandlung (in Vollnarkose) an den Augenlidern vorgenommen. Der Erfolg war irgendwie nur von kurzer Dauer. Ich litt oft an heftigen Augenschmerzen.
Nach vielen Monaten sagten die Ärzte meinen Eltern, sie könnten nichts mehr für mich tun und wir dürften uns ein Krankenhaus unserer Wahl - eventuell in der Nähe - zur weiteren Behandlung suchen. Meine Eltern wandten sich noch an die Grazer Augenklinik um die Meinung anderer Ärzte einzuholen. Nach einem längeren stationären Aufenthalt stellten uns die Ärzte vor die harte Wahrheit: Andrea wird für den Rest ihres Lebens blind bleiben!